Oberschulprojekt „Unser Lernort wird schöner“ begeistert Ausbilder wie Teilnehmer gleichermaßen

 

Neuenhagen/Hennickendorf/Neutrebbin (MOZ) Oft wird am Schulsystem kritisiert, dass es zu theoretisch ist. Dass es anders geht, haben die Berufsbildungsstätte des Handwerks Hennickendorf, Neuntklässler der Oderbruch-Realschule Neutrebbin und Zimmerermeister Frederik Lippe aus Neuenhagen bewiesen.

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Hoch droben: Zimmerermeister Frederik Lippe zeigt ganz praktisch, wie schön Holzarbeiten sein können an einem Wohnhaus in Neuenhagen © MOZ/Margrit Meier

„Ich hätte nicht gedacht, dass die Schüler so toll mitmachen und bei der Sache sind“. Frederik Lippe, 28, Zimmerermeister, schwärmt noch immer von den zwei Wochen, die er mit den Neuntklässlern der Neutrebbiner Oderbruch-Realschule verbracht hat. Innerhalb des vom Land geförderten Programms Initiative Sekundarstufe I (Inisek), hat er ganz praktisch mit den Mädchen und Jungen gearbeitet. Die Schüler selbst sollten sich Gedanken machen, was sie für ihre Schule bauen können. Erste Erfahrungen konnten sie da bereits während der Berufsorientierungsphase im Vorjahr sammeln, als sie in der Berufsbildungsstätte in verschiedene Gewerke hineinschnuppern und sich dann entscheiden durften, wo sie mehr erfahren möchten. Und die Palette dessen, was Hennickendorf da bieten kann, erzählt Bärbel Vollrath von der Handwerkskammer, ist sehr groß. Sie reicht vom Kfz-Handwerk über Maler, Klima, Sanitär und Heizung, Bürobereich, Kosmetik und Friseur bis zur Metallwerkstatt, um nur einen Bruchteil aufzuzählen.

Nun, beim zweiten Ausflug der Schüler nach Hennickendorf, suchten sie sich selbst ein Thema und bekamen von den Fachleuten vor Ort Ratschläge, wie es gehen könnte und die dazu nötigen Maschinen. Neu in der Mannschaft der Dozenten war Frederik Lippe, der sich auch bei den Junioren des Handwerks in Brandenburg stark engagiert. „Die Schüler haben sich entschieden, einen Zaun für ihr Wildkräuterbeet zu bauen und dazu noch eine vier mal vier Meter große Terrasse. Das lief so gut, dass ich nicht ein Brett gesägt habe. Das haben die Kinder alles selbst gemacht“, erzählt er. Und wenn ein Zaun gebaut wird, dann braucht es nicht nur Holz, sondern müssen auch metallene Ständer grundiert werden, so dass hier schon zwei weitere Gewerke und die entsprechende Ausbilder zur Seite standen.

Der Zaun selbst ist ein Spiegelbild der Interessen und Vorlieben der Jung-Handwerker. Ein Fan von Hertha BSC hat sich verewigt, andere fanden gemalte Pilze und Kräuter als Gestaltungsmittel schön, die nächsten haben mit Stichsäge, Stechbeitel und Lötkolben gearbeitet. Nachdem alles in den Werkstätten der Berufsbildungsstätte vorbereitet war, zog die Truppe direkt zur Schule zurück, um dort unter anderem die vorgefertigte Terrasse einzulassen. Das war, erinnert sich Lippe, ziemlich schwer, in den Boden zu kommen.

Für den jungen Meister war diese Zusammenarbeit mit Schülern eine Premiere. Für die Berufsbildungsstätte eine Bereicherung. Seit 2008 bietet sie Schulen dieses praktische Hineinschnuppern an. Etwas, was beim Jungmeister Lippe, der in Neuenhagen lebt und arbeitet, auf fruchtbaren Boden gestoßen ist. Auf dem Berufsinformationstag vor wenigen Wochen ist er dem stellvertretenden Leiter des Bildungszentrums begegnet und hat seine Hilfe angeboten. „Und, ich freue mich schon auf das nächste Jahr, wenn ich den nächsten Kurs begleiten darf“, sagt der zielstrebige Mann. Der Kurs soll sogar ein deutsch-polnischer werden.

Das Tüfteln an einem Bauwerk – selbstverständlich aus Holz, bevorzugt russische Lärche – ist für den jungen Mann eine Offenbarung. Zum einen, weil viel an technischen Dingen zu beachten ist, aber auch energetische Vorgaben. Und zum anderen, weil er ganz praktisch mit seinen Maschinen arbeiten kann.

Dass er das kann und nicht umsonst mit Bravour die Meisterschule in Kassel absolviert hat, zeigt er in Neuenhagen. Dort hat er aus einem winzigen Wohnhaus ein schönes Zuhause gezaubert, in dem komplett aus Holz eine zweite Etage darauf gebaut wurde. Auch hier erwähnt er wieder die russische Lärche, die sehr widerstandsfähig ist und wohlfühltechnisch sei Holz sowieso das beste, sagt der Meister verschmitzt.

Vor dem Wohnhaus hat er – einem Kirchenschiff samt Glockenturm nachempfunden -, eine Überdachung aus Douglasie für die Briefkästen gebaut mit Andreaskreuz und Kopfbändern, Riegeln und Stielen sowie Verzierungen. Es ist auch Eigenwerbung für seinen Berufsstand. Dass ihm das auch vor Kurzem in Hennickendorf gelungen ist, beweisen die Reaktionen der Schüler.

Die 40 Neuntklässler schwärmen von den Projektwochen, manche auch von den jungen Meistern. Nun will nicht jeder gleich Handwerker werden. Aber die handwerkliche Kenntnisse, die sie sich angeeignet haben. Moritz Wiese zum Beispiel will später mal zur Polizei. Aber so, wie Meister Lippe sie in die richtige Handhabung von Werkzeug und Material eingeführt habe, habe es auch richtig Spaß gemacht, handwerklich zu arbeiten. Ähnlich sieht es Tina Knoop, die einmal Erzieherin werden möchte. Ihr hat besonders gefallen, dass bei aller Kollegialität auch die eigenen Vorstellungen eingebracht werden konnten, wie bei der Gestaltung der Zaunelemente.

Gabriela Fietze, stellvertretende Leiterin der Oberschule Neutrebbin, war ein wenig erstaunt über die während der Projekttage erlebte konzentrierte Arbeit der Neuntklässler. Überrascht war sie vor allem von den Mädchen, die bei dem Handhaben des Lötkolbens oder der Sägen den Jungen ins Nichts nachstanden.

Dass es bei aller Freude nicht immer Zuckerschlecken war und auch zum Teil eine schweißtreibende, schwere Arbeit, das zeigte Gabriela Fietze anhand einer Fotodokumentation, die zum Projekt erstellt wurde und die zum Abschluss des Projektjahres am 14. Juli präsentiert wird: Der festgetrocknete Oderbruchboden auf dem Schulhof verlangte vor allem beim Befestigen der Terrassenständer und der Zaunpfosten seinen Tribut an Muskelkraft.

Margrit Meier und Ulf Grieger 08.06.2017 06:40 Uhr
Red. Seelow, seelow-red@moz.de

Neutrebbiner schwärmen vom Handwerk